| Demokratie ade, oder wie seine  Durchlaucht sich selbst zum Kanzlerkandidaten krönt! von Roland Spitzer Vor langer, langer Zeit – es war im vergangenen Jahrtausend,  da gab es eine Tradition, dass Parteien ihre Spitzenkandidaten durch  Beteiligung der eigenen Mitglieder wählten. Das war ein oft aufreibender, und  zermürbender Prozess. So mussten die Bewerber um das Spitzenamt ihre Konzepte  für eine zukunftsorientierte Politik vorstellen, und um deren Akzeptanz werben.  Sicher, es war sehr mühselig, denn vor der Bewerbung stand die eigene Anstrengung,  solche Konzepte zu entwickeln. Eine Anstrengung, welche ebenso zum Scheitern  führen konnte, wenn das entwickelte Konzept von den Parteimitgliedern abgelehnt  wurde. Es war keine heile Welt, denn auch hier wurden so manches Mal Methoden  angewandt, welche sehr kräftige Ellenbogen erforderten. Doch wehe, es kam  heraus, dann war auch sehr schnell Schluss mit der eigenen Karriere. Wer kandidierte, konnte nicht sicher sein, auch gewählt zu  werden! Es waren schreckliche, und unsichere Zeiten! Unsichere Zeiten auch für  Lobbyisten, denn sie wussten nie, ob sie den schon sicher geglaubten Politiker platzieren  konnten, oder ob sie die getätigten Investitionen abschreiben, und Strategien  zur „Überzeugung“ der gewählten Politiker entwickeln mussten. Betriebswirtschaftlich  war dieses Vabanquespiel einfach ein Desaster. Sa war es doch viel einfacher, als wir noch ein  Propagandaministerium hatten, in welchem eine Person vorgab, was öffentliche  Meinung zu sein hat. Diese Zeiten haben wir glücklicherweise überwunden.  Mittels der geschaffenen Gesetze zur Ausbreitung privater Medien ist es  gelungen, auf ein solches Ministerium zu verzichten. Auch haben wir  Meinungspluralität geschaffen. So sind es heute Friede Springer, Liz Mohn  (Bertelsmann) und wenige Andere, welche uns verkünden, was auch gut für uns  sein soll. Diese kamen nun zu dem Schluss, mittels einer Pressekampagne zu  erklären, dass Kurt Beck zu den Linken Sozialdemokraten zuzurechnen ist.  Nebenbei möchte ich anmerken, dass die Gründerväter dieser  Partei diese aus einem grundsätzlich linken Gesellschaftsverständnis gegründet  haben. Was haben eigentlich die Nicht – Linken in dieser Partei zu suchen?! Beck ist bei weitem nicht links, aber auch kein klassischer  Vertreter des Neoliberalismus, also jener politischen Strömung, welche dazu  beiträgt, durch Enteignung der Mittelschicht einigen Wenigen in dieser  Gesellschaft das Kapital zuzuführen. Beck hatt noch einen Rest  sozialdemokratischer Werte verinnerlicht. Das durfte nicht sein. So begann  unsere Springer – Mohn – Pluralität über die von ihnen gesteuerten Medien eine  Kampagne gegen diesen Sozi zu starten. Es mussten wieder Personen eingesetzt werden, welche für  eine konsequente Umsetzung des Neoliberalismus stehen. Wer war da besser  geeignet, als der Architekt der Agenda 2010 – Steinmeier, und der Erfinder der  Rente mit 67 – Müntefering! Zwar trugen beide durch Ihre Politik maßgeblich  dazu bei, dass die SPD massiv Mitglieder und Unterstützung in der Bevölkerung  verlor, aber es geht hier nicht um das Wohl der SPD, sondern das der wenigen  Nutznießer neoliberaler Politik. Solange die SPD noch genügend Stimmen  einfährt, welche zur Umsetzung dieser Politik notwendig sind, so lange wird man  sie als Vehikel gebrauchen und Politiker einsetzen, welche diesen Kurs rigoros  umsetzen. So wurden Kampagnen gestartet, welche Politiker, die noch  über einen Rest von sozialdemokratischem Gedankengut verfügen, diskreditierten.  In Umkehrung der tatsächlichen Geschehnisse wurden diese für einen drohenden  Untergang der SPD verantwortlich gemacht. Der Öffentlichkeit wurde suggeriert,  dass die Rettung der SPD nur durch Personen wie Steinmeier und Müntefering  erfolgen kann. Medial wurde hier eine Situation initiiert, in der es nur noch  durch einschneidende Maßnahmen möglich wäre, den Untergang der SPD zu stoppen. Auf dem Höhepunkt dieser Kampagne ergriff nun Steinmeier das  Heft des Handelns und erklärte sich am 7. September zum Kanzlerkandidaten. Da  Beck dem medialen Druck nicht standhielt, erklärte dieser seinen Rücktritt als  SPD Vorsitzender und wurde wie ein räudiger Hund von der Bühne der  Bundespolitik vertrieben. Die Gelegenheit nutzend, erklärte Steinmeier auch  gleich seinen neoliberalen Weggefährten Müntefering zum zukünftigen SPD  Vorsitzenden. Und das ohne Wenn und Aber! Der Partei wurde nur noch die Aufgabe  zugedacht, dass von den entsprechenden Gremien und einem noch einzuberufenden  Parteitag die vorgegebene Konstellation abzusegnen ist. Sich selbst zu krönen, und das Ergebnis dann alternativlos  absegnen zu lassen, hat mit Demokratie wenig zu tun. Vielmehr sind dies  Attribute einer absolutistischen Herrschaft. Und wenn ich daran denke, dass  solche Politiker zukünftig ein demokratisches Land regieren möchten, dann sorge  ich mich ernsthaft um den Bestand der Demokratie in unserem Lande! September 08 |